Kunststoff Österreichische Zeitschrift Offizielles Organ der Gesellschaft zur Förderung der Kunststofftechnik, der Vereinigung Österreichischer Kunststoffverarbeiter und der Bundesinnung der Kunststoffverarbeiter ISSN 0029-926X P.b.b. WelkinMedia, Siolygasse 18/2/2 1190 Wien 15Z040412M 53. Jahrgang · Nr. 11/12 2022 Biesterfeld Interowa GmbH & Co KG Bräuhausgasse 3-5, 1050 Vienna, Austria, Phone: +43 1 512 35 71-0, interowa@biesterfeld.com, www.interowa.com, www.biesterfeld.com Wir wünschen frohe Weihnachten und ein glückliches, erfolgreiches neues Jahr. Herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit! POL YMERCOACH! YOUR : Additive Fertigung MessenachberichtKomplettlösungen für Ihre Kunststofftechnik Maschinen | Komplettanlagen | Service | Planung | Rohstoffe Luger GmbH | Werkvertretungen & Service | 3011 Purkersdorf | Tullnerbachstraße 55 Tel. +43 2231/63539-0 | office@luger.eu | www.luger.eu Verkaufsniederlassungen in Tschechien und Ungarn WENN ES UM IHRE KUNSTSTOFFTECHNIK GEHT Spritzgießmaschinen Spritzgießmaschinen, Extrusionsanlagen Förder-, Trocknungs-, Dosier- und Mischsysteme Temperaturregelgeräte Schneidmühlen für Kunststoffe Handlinggeräte, Handhabungs- elemente, Einlegeautomaten Kälte-, Klima- und Temperiergeräte Entstaubung von Schüttgütern Blasformmaschinen Förderbänder, Angußseparatoren Allmetall-Separatoren Restfeuchte-Messung Your recycling needs. Our grinding solutions.INHALT Nachhaltigkeit Normalien Aktuelles, kurz notiert 284 Additive Fertigung 286 K 2022 Messenachbericht 302 Wirtschaftsnachricht 308 Nachhaltigkeit 310 Normalien 312 Kunststoff.direct 318 Impressum, Vorschau auf Heft 1/2 2023 323 Nachbericht Formnext Additive Fertigung Foto: K. Sochor Foto: K. Sochor Foto: K. Sochor Grafik: Interowa Foto: K. Sochor Foto: Hasco Österreichische Kunststoffzeitschrift 11/12 2022 284 AKTUELLES KURZ NOTIERT Borealis und Verbund Photovoltaikpark für Energieversorgung des Standorts in Schwechat Borealis, einer der weltweit führenden Anbieter fortschrittlicher und nachhal- tiger Polyolefinlösungen und europä- ischer Vorreiter im Bereich des Polyole- finrecyclings, und Verbund, Österreichs führendes Energieunternehmen und einer der größten Erzeuger von Strom aus Wasserkraft in Europa, geben die Errichtung einer neuen Photovoltaikan- lage in Schwechat, Österreich, bekannt. Der neue PV-Park, der den Standort von Borealis mit Strom versorgen wird, ist der zweite, der von den beiden Unter- nehmen gemeinsam geplant und reali- siert wurde. Mit der Leistung der neuen Anlage kommt Borealis seinem Ziel näher, seinen Strombedarf bis zum Jahr 2030 zu 100 % durch Strom aus erneuer- baren Quellen zu decken. Schwechater Energiemix wird um Solarstrom ergänzt Der neue PV-Park befindet sich auf einem Industriegrundstück am Bore- alis- Produktionsstandort Schwechat. Die auf einer Fläche von rund 75.000 Quadratmetern errichtete neue Anla- ge wird aus etwa 10.220 PV-Einzelmo- dulen bestehen, die eine Nennleistung (Peak-Leistung) von jeweils 460 Watt- Peak (Wp) aufweisen. Insgesamt soll die Gesamtleistung des Parks rund 4,7 Megawattpeak (MWp) erreichen und einen Energieertrag von rund 5,6 Gi- Die neue Anlage in Schwechat ist Borealis‘ zweite gemeinsam mit Verbund errichtete Solaranlage nach Linz, ebenfalls in Österreich. Foto: Borealis gawattstunden (GWh) pro Jahr liefern. Dies entspricht in etwa dem jährlichen Stromverbrauch von 1.400 österrei- chischen Haushalten. Die gesamte En- ergie, die der neue PV-Park liefert, wird für die Produktion von Borealis genutzt. Die auf diese Weise erzeugte erneuer- bare Energie wird die jährlichen CO 2 - Emissionen des Standortes damit um rund 1.200 Tonnen reduzieren. „Unsere Partnerschaft mit Verbund er- möglicht uns, einen Beitrag zum Ausbau der Photovoltaik-Kapazitäten in Österrei- ch zu leisten, was einen entscheidenden Schritt zur Umsetzung einer nachhal- tigeren Energieagenda für das ganze Land darstellt“, erklärt Thomas Gangl, Vorstandsvorsitzender von Borealis. www.borealisgroup.com Technologische Exzellenz im Werkzeugbau: Fritz Stepper GmbH ist erneut „Werkzeugbau des Jahres“ Kennzahlen und Technologieführer- schaft bei hochpräzisen Folgeverbund- werkzeugen. Nun konnte das Werk- zeugbau-Unternehmen aus Pforzheim die Wettbewerbsjury erneut begeistern: Fritz Stepper setzte sich unter 262 Un- ternehmen durch, aus denen in vier Kategorien insgesamt elf Finalisten hervorgingen. Am 26. Oktober nahm Michael Stepper, Geschäftsführer und Inhaber der Fritz Stepper GmbH & Co. KG, während einer feierlichen Preisver- leihung im Aachener Rathaus vor rund 300 Gästen den begehrten Preis stellver- tretend für seine Mitarbeitenden entge- gen. Die Laudatio auf den Gesamtsieger hielt traditionsgemäß der Vorjahressie- ger – in diesem Jahr Steffen Drabek, Di- rector Electrified Power- train Technology der ZF Friedrichshafen AG aus Schweinfurt. Zusätzlich zum Ge- samtsieg erklärte die Jury des Wettbewerbs Fritz Stepper auch zum Sieger der Kategorie »Externer Werkzeug- bau ab 50 Mitarbeiten- de«. Als weitere Fina- listen dieser Kategorie zeichnete die Jury au- ßerdem die Haidlmair GmbH aus Nußbach in Österreich und die Webo GmbH aus Amtzell im Allgäu mit einer Urkun- de aus. Der Wettbewerb „Excellence in Produc- tion“ zum „Werkzeugbau des Jahres“ ist der Leistungsmesser für die Unter- nehmen des Werkzeug- und Formen- baus. Seit nunmehr 19 Jahren präsen- tieren das Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen und das Fraun- hofer-Institut für Produktionstechnologie IPT die besten Werkzeug- und Formen- baubetriebe im deutsch- sprachigen Raum. Mit leistungsfähigen Tech- nologien, stetigen In- vestitionen und Inno- vationen sowie einer stringenten Auftragsab- wicklung setzte sich die Fritz Stepper GmbH & Co. KG vom starken Teil- nehmerfeld des Bran- chenwettbewerbs »Ex- cellence in Production« ab und konnte sich so bereits zum zweiten Mal den Titel »Werkzeugbau des Jahres« sichern. Schon im Jahr 2019 überzeugte Fritz Stepper die Jury mit exzellenten Foto: EIP Österreichische Kunststoffzeitschrift 11/12 2022 285 AKTUELLES KURZ NOTIERT Polymerpreisindex Plastixx Plastixx bezeichnet den im Juni 2005 eingeführten Polymer- preisindex der KI – Kunststoff-Information, den die Öster- reichische Kunststoffzeitschrift mit freundlicher Genehmi- gung der Kunststoff-Information Verlagsgesellschaft mbH, Bad Homburg regelmäßig veröffentlichen darf. Dieser Index zeigt repräsentativ die Preisentwicklung von Kunststoffen in Westeuropa. Während der Plastixx die wichtigsten thermoplastischen Kunststoffe insgesamt umfasst, spiegelt der Plastixx ST die Preis ent wicklung der Standard-Thermoplaste und der Plastixx TT diejenige der Technischen Thermoplaste wider. Die Basis für Plastixx, Plastixx ST und Plastixx TT ist Januar 2002 mit 1000 Punkten. Preisindizes November 2022 November Vormonat Änderung Plastixx 2.882,5 2.904,4 –0,8% Plastixx ST 2.966,5 2.986,7 –0,7% Plastixx TT 1.976,2 2.016,2 –2,0% Methodik Der Plastixx bildet die Preisentwicklun gen von PE-LD/ LLD, PE-HD, PP, PVC, PS, PET sowie ABS, PA, PC, PMMA, POM und PBT nach dem Prinzip des sogenannten Paa- sche-Index ab. In die monatliche Indexberechnung gehen die durchschnittlichen westeuropäischen Marktpreise der Materialien, gewichtet nach westeuropäischen Ver- brauchsmengen ein. Die Gewichtung nach Verbrauchs- mengen wird jährlich aktualisiert. www.kiweb.de Quelle: Kunststoff Information, Bad Homburg Plastixx – Der KI Polymerpreisindex 3800 3600 3400 3200 3000 2800 2600 2400 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000 Juli Okt 2021 April Juli Okt 2022 April Juli Okt 2023 3800 3600 3400 3200 3000 2800 2600 2400 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000 Plastixx TT Plastixx ST Zum Titel Biesterfeld Interowa, Ihr kompetenter, innovativer Ansprechpartner wenn es um Kunststoffe geht! Wenn Sie Po- lymere verar- beiten, dann ist Biesterfeld Inte- rowa der richtige Ansprechpartner für Sie! Nutzen Sie die Experti- se und Erfahrung der Kunststoff- Experten von Biesterfeld Interowa. Biesterfeld Interowa bietet ein komplettes Produktprogramm, das von Standardkunst- stoffen bis zu Hochleistungswerkstoffen reicht und verfügt über eine gut strukturierte Lager- organisation. Das hochmotivierte Team von Biesterfeld Interowa hilft Ihnen bei der Materialauswahl und unterstützt Sie bei allen technischen Fra- gen rund um Kunststoffe. Gemeinsam mit Ihnen erarbeiten die Techniker von Biester- feld Interowa innovative Lösungen für Ihre individuellen Anforderungen. Biesterfeld Interowa GmbH & Co KG Bräuhausgasse 3-5 1050 Wien www.interowa.at Biesterfeld Interowa GmbH & Co KG Bräuhausgasse 3-5, 1050 Vienna, Austria, Phone: +43 1 512 35 71-0, interowa@biesterfeld.com, www.interowa.com, www.biesterfeld.com Wir wünschen frohe Weihnachten und ein glückliches, erfolgreiches neues Jahr. Herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit! POL YMERCOACH! YOUR : Verleihung der Goldenen VÖK-Ehrennadeln Ende November wurden im Österreichischen Gewerbeverein die Goldenen VÖK-Ehrennadeln verliehen. Im Rahmen einer festlichen Veranstaltung wurden die Auszeichnungen an An- gelika Huemer, Managing Partner der Starlinger Gruppe, und ihren Bruder Peter Ily Huemer, CEO und Managing Partner der FSH Holding, verliehen. Wir gratulieren den Preisträgern sehr herzlich! Die Laudatio hielt Jürgen Miethlinger, Geschäftsführer der Lenzing Plastics GmbH & Co KG und fand dabei sehr persön- liche Worte über zwei der innovativsten Unternehmer Öster- reichs. Jürgen Miethlinger hielt die Laudatio für die Preisträger Angelika Huemer und Peter Ily Huemer, die ihre Ehrennadeln und Urkunden von VÖK-Präsident Michael Pöcksteiner erhielten. Foto: K. Sochor Österreichische Kunststoffzeitschrift 11/12 2022 286 ADDITIVE FERTIGUNG Jeder, der schon mal längere Zeit auf einem Rad gesessen ist, kennt das Prob- lem: das Gesäß ermüdet, es gibt Druck- stellen, die Muskulatur wird zu schlecht durchblutet – Schmerzen sind die un- angenehmen Folgen. Genau diese schmerzhaften Erfahrungen führten zur Entwicklung eines innovativen Fahr- radsattels, der mittlerweile in Öster- reich patentiert wurde. Der Blobber besteht aus zwei Kom- ponenten: einerseits dem Hardpad, das wie bei einem herkömmlichen Sat- tel auf allen gängigen Sattelstützen montiert werden kann. Dieser Teil wird spritzgegossen. Und andererseits aus dem Kernmodul, dem Blobber, dessen Doppelkammer über konventionelle Fahrradventile mit Luft befüllt wird und sehr einfach auf dem Hardpad auf- und abgesetzt werden kann, für das zwei Produktionsverfahren zum Einsatz kom- men. Im ersten Schritt wird in der Serien- SLS-Technik der Einleger versintert. Der Einleger wurde für die Blobber-Technik mit spezieller Topologie und berechne- ten Strukturen im Inneren des Blobber ausgelegt. Harald Stepanovsky dazu: „Der Blobber ONE besteht aus einem 2-Kammer-System, deren Inlays mit- tels Sintertechnologie in additiver Se- rien-Fertigung hergestellt werden. In der Hohlkammer befinden sich Letti- ce-Strukturen, also berechnete Struk- turen, deren Vorbild die Evolution, also Blobber Schmerzfrei am Rad dank luftgefülltem Sattel Im Herbst 2021 stellte Blobber-Erfinder Thomas Pasemann gemein- sam mit Unternehmensberater Stephan Neisser und Produzent Harald Stepanovsky das Unternehmen Blobber auf professionelle Beine. Das Blobber-Produktionsverfahren basiert auf einer Hybridtechnik, das auf additiver Fertigung aufbaut und im Zusammenspiel mit der Anwendung von Polyurethantechnik die Fertigung eines benutzerfreundlichen Fahrradsattels ermöglicht. Der Blobber ist dank seiner im 3D-Drucker gefertigten Kammern luftbefüllbar. Wir besuchten den Produzenten, die Firma Nemeton Innovation GmbH und seinen Eigentümer Harald Stepanovsky in Vitis im Waldviertel und schauten uns vor allem die intel- ligenten Lösungen im Bereich der additiven Fertigung genauer an. zum Beispiel variable Mikrostrukturen in einem Knochen, ist.“ Als Material wird ein thermoplastisches Polyurethan (TPU) der Firma Lehvoss verwendet. Vor allem hier stecken zahlreiche techni- sche Feinheiten dahinter, über die Ha- rald Stepanovsky nicht so gerne spricht: „In der Verarbeitung des Materials liegt unser Know-how, das wir natürlich nicht gerne ausplaudern.“ Im zweiten Schritt wird die Polyure- than-Verguss-Technik angewendet. Bei diesem Schritt, wurde bei der Nemeton Innovation GmbH mit Chemikern von Asma-Polyurethane an der Material- technik getüftelt. Es entstand ein High- tech-Material, das den Ansprüchen für die Blobber-Technologie genüge Leis- Österreichische Kunststoffzeitschrift 11/12 2022 287 ADDITIVE FERTIGUNG ten muss. Harald Stepanovsky erklärt das Verfahren genauer: „In einer Form, die aus Aluminium hergestellt wird, wird die Oberfläche, in diesem Fall auch die Sechsecke des Blobber-Logos, generiert. Die Formen werden erhitzt, das 3D-gedruckte Inlay wird in die Form eingelegt, so wie man es etwa auch aus dem Spritzgussprozess kennt.“ Dann wird die Form geschlossen und mittels einer Niederdruck-Polyurethan-Ver- gussanlage eingegossen. Hier wurde hinsichtlich der Automatisierung des Prozesses auch schon weitergedacht, denn in der Form befinden sich Magne- ten, mit denen die Teile fixiert werden. Nach der Aushärtezeit wird der Sat- tel entformt und kommt für mindestens 12 Stunden in den Ofen zur Aushär- tung, bis die gewünschten Eigenschaf- ten erreicht sind. Der Überguss besteht aus einer eigens entwickelten Polyure- than-Mischung, da der Sattel besonde- re Anforderungen hat: „Die Flexibilität bei der Luftbefüllung und die Rückstel- lelastizität müssen gewährleistet sein, vergleichbar mit dem Aufblasen eines Luftballons, der danach wieder in die Ursprungsform zurückgeht.“ Das Hardpad ist ein Spritzguss- teil, der auf das Fahrrad montiert wird und dort verbleibt. Auch dieses Materi- al kommt von der Firma Lehvoss, ist zu 100 % biobasiert mit 30 % Glasfaser und zu 100 % rezyklierbar. Die Glasfaserver- stärkung ermöglicht Strukturen, die die geforderten ISO-Normen der Fahrrad- industrie erfüllen, etwa Bruchsicher- heit, UV-Schutz und Temperaturbestän- digkeit. „Hier kommt uns zu Gute, dass Lehvoss ein Systemhaus ist, mit dem wir sowohl in der additiven Fertigung als auch im Spritzguss für die optimale Materialauswahl und -entwicklung zu- sammenarbeiten. Lehvoss geht auf die Bedürfnisse seiner Kunden bestmög- lich ein und mit Dr. Marcus Rechberger haben wir dort einen Ansprechpartner im Bereich Material, der versteht, was wir brauchen und die Projekte mit uns gemeinsam umsetzt.“ Die Endmontage des Blobber erfolgt bei Nemeton in Vitis. Von dort aus wird der Sattel auch in alle Welt versandt. Stephan Neisser zeigt sich von der Re- sonanz auf das innovative Produkt, das auch erst vor wenigen Wochen das Pa- tent in Österreich erhalten hat, begeis- tert: „Wir haben das Unternehmen auf komplett neue Beine gestellt und versu- chen nun, professionell ein Produkt auf den Markt zu bringen, das nicht nur in seiner Idee, sondern auch in seiner Pro- duktionsart einzigartig ist.“ Nahezu alle Entwicklungen stammen aus dem Hause Nemeton In seinen 25 Jahren in der Kunststoff- branche hat sich Harald Stepanovsky einiges an Expertise erarbeitet. Seine Stationen führten ihn vom Automobil- zulieferer Pollmann unter anderem zu Asma, wo er die Glorify-Brillen mitent- wickelte. Zum 3D-Druck kam er vor rund Harald Stepanovsky und Stephan Neisser in der Produktionshalle bei der Nemeton GmbH in Vitis im Waldviertel. Der Sattel kommt für mindestens 12 Stunden in den Ofen zur Aushärtung, bis die gewünschten Eigenschaften erreicht sind. Die Inlays für den Blobber werden mittels Sintertechnologie in additiver Serien-Fertigung her- gestellt.288 ADDITIVE FERTIGUNG 13 Jahren sieht darin viel Potential, aber nach wie vor auch viele Herausforde- rungen: „Die meisten Verarbeiter, die in den 3D-Druck einsteigen, nützen das Potential ihrer Anlagen gar nicht aus, da es Erfahrung in der Bedienung der Drucker, aber vor allem viel Expertise bei der Datenerstellung, der Entwick- lung des Materials und der Prozessop- timierung benötigt, um hervorragende Teile herzustellen. Eine reine Umstel- lung von Spritzguss auf einen additi- ven Fertigungsprozess reicht nicht aus – man muss den ganzen Prozess neu denken und meistens komplett umstel- len.“ Mittlerweile stehen auch für die ad- ditive Fertigung zahlreiche Kunststoffe Die Nemeton Innovations GmbH ist Spezialist für das Entwickeln dis- ruptiver Herstellungsverfahren und -technologien. Prozesse in der Herstellung mittels 3D Druck werden so gestaltet, dass sie schneller und kostengünstiger als herkömmliche Herstellungsverfah- ren sind. Bauteile werden in Vitis im Wald- viertel mittels pulverbasierter additi- ver Fertigungsverfahren produziert. Vom Industriebauteil in der Robotik bis zum Endprodukt mit High-End-Fi- nishing. Für jede Anwendung bietet Nemeton das passende Nachbear- beitungsverfahren. Das Unternehmen verfügt über ein großes Partnernetzwerk sowie eine Kooperation mit der Distech Group. www.nemeton.at zur Verfügung. Harald Stepanovsky er- klärt genauer, warum für die Blobber- Fertigung gerade das oben erwähnte Material gewählt wurde: „Neben den positiven Eigenschaften eines TPU, die wir für einen Fahrradsatteln benöti- gen, haben wir das Material von Leh- voss vor allem deshalb gewählt, weil es wiederverwertbar ist und vollständig in den Kreislauf zurückgeführt werden kann. Beim Material für die Blobber- Inlays handelt es sich um 100 % reines TPU und kein Batch wie bei anderen Herstellern.“ Und das ist bei Material- preisen um die 85 Euro pro Kilo nicht ganz unerheblich. Das Pulver, das aus 50 µ großen Partikeln besteht, benötigt auch nur einen sehr geringen Anteil an Rieselhilfe. „In der additiven Fertigung sind die Geometrien frei wählbar. Ad- ditive Fertigung kann nicht alles, aber eben relativ viel – und hier sind wir wie- der beim Blobber: die Auslegung und Berechnung der Stützstrukturen ist fle- Der Blobber ist ein luftgefüllter, pa- tentierter Fahrradsattel, der von einem neu aufgestellten Designer- Team entwickelt wird. Mit dem Blob- ber THREE soll ab dem Frühjahr 2023 ganz gezielt die Gruppe der Rad- fahrer, die es besonders bequem haben will, angesprochen werden. Aufgrund der innovativen Produkti- onsweise können die Fahrradsattel auch individualisiert und personali- siert werden. Die Zukunft in diesem Bereich geht eindeutig in die additi- ve Fertigung. www.blobber-sports.com Stephan Neisser zeigt sich von der Resonanz auf das innovative Produkt begeistert: „Wir haben das Unternehmen auf komplett neue Beine gestellt und bringen ein in Österreich gefertigtes Produkt auf den Markt, das einzigartig ist.“ Fotos: K. Sochor Die Fahrradsättel, die dank additiver Fertigungstechnologie individualisiert wer- den können, sind für den Versand bereit.ADDITIVE FERTIGUNG xibel und kann jederzeit optimiert wer- den. Das kann ich bei kaum einer ande- ren Fertigungsweise machen und hier liegt auch der große Vorteil – ich kann relativ einfach eine Hohlkammer er- zeugen“. Und es dauert nur rund 25 Mi- nuten, bis ein Inlay für den Blobber im Drucker fertig ist. Danach wird noch ein Primer aufgetragen für die bessere Haf- tung mit dem PUR-Verguss im nachfol- genden Prozess. Die Polyurethan-An- lage, die Harald Stepanovsky für die Fertigung des Blobbers verwendet, ist übrigens eine Eigenentwicklung ge- meinsam mit der oberösterreichischen Firma Keymix. Entwicklung ganz im Sinne der Nachhaltigkeit Der Blobber-Sattel entwickelt sich nicht nur technisch, sondern auch in punkto Komfort weiter, um nicht sportliche Fah- rer, sondern auch eine breite Schicht an Freizeit-Radlern anzusprechen: „Wenn der Blobber mit der nächsten Generation größer werden soll, können wir die Shore-Härte verändern. Die Ge- neration Blobber TWO, deren Entwick- lung gerade im Laufen ist, hat die glei- che Größe wie der Blobber ONE , aber der Blobber THREE wird im nächsten Entwicklungsschritt ein Fahrradsattel für das gemütliche Fahren, also etwas größer und bequemer.“ Harald Stepa- novsky denkt für die Fertigung weite- rer Blobber-Generationen aber auch schon einen Schritt voraus: „Zukünftig wollen wir alle Formen, die wir benöti- gen, ebenso additiv fertigen.“ Hier lau- fen bei Nemeton auch schon die ers- ten vielversprechenden Versuche, es gibt aber noch einige Herausforderun- gen, vor allem bei der Nachhaltigkeit des Produkts: „Als Kunststoffler habe ich immer den Grünen Punkt im Hin- terkopf. Themen wie ein eventuell an- fallender Anguss müssen im Sinne der Nachhaltigkeit von Anfang an bedacht werden.“ Aber auch über die „Entsor- gung“ am Ende des Lebenszyklus‘ des Fahrradsattels macht sich Harald Ste- panovsky Gedanken: „Wir möchten, dass alle Blobber-Fahrradsattel wieder zu uns zurückkommen, eventuell mit Hilfe eines Anreizsystems, um sie wie- derverwerten zu können. Alle Teile des Blobbers sind auf Esther-, Ether- oder aliphatischer Basis, ich brauche sie zum Recyceln also nicht trennen und kann sie problemlos wieder in den Kreislauf zurückführen. Was heißt das konkret? Ich kann das Material in der Spritzgieß- maschine oder im Doppelschneckenex- truder wieder aufbereiten und daraus neue Produkte generieren – klassisches mechanisches Recycling also. Deshalb wurde ein Material gewählt, das ande- ren Thermoplasten beigemengt wer- den kann. Ich sehe die additive Ferti- gung als Schlüsseltechnologie, sonst wären Projekte wie der Blobber in Ver- bindung mit anderen Fertigungstech- nologien nicht realisierbar. Wir Hybri- disieren!“ ■ Keep Discovering Umdenken Umgestalten Neu Erfinden Als weltweit führender Anbieter fortschrittlicher und nachhaltiger Chemikalien- und Materiallösungen unterstützen wir unsere Kunden dabei, sich in Richtung Kreislaufwirtschaft und Klimaneutralität zu entwickeln. Unsere Innovationen und Partnerschaft bedeuten Fortschritt für alle. ii:Next >