Kunststoff Österreichische Zeitschrift Offizielles Organ der Gesellschaft zur Förderung der Kunststofftechnik, der Vereinigung Österreichischer Kunststoffverarbeiter und der Bundesinnung der Kunststoffverarbeiter ISSN 0029-926X P.b.b. WelkinMedia, Siolygasse 18/2/2 1190 Wien 15Z040412M 54. Jahrgang · Nr. 1/2 2023 FormenbauAutomotive engelglobal.com/inject-4-0 Mit ENGEL Digital Solutions zur smart factory DESIGN ABMUSTERUNG WARTUNG & SERVICE PRODUKTIONKomplettlösungen für Ihre Kunststofftechnik Maschinen | Komplettanlagen | Service | Planung | Rohstoffe Luger GmbH | Werkvertretungen & Service | 3011 Purkersdorf | Tullnerbachstraße 55 Tel. +43 2231/63539-0 | office@luger.eu | www.luger.eu Verkaufsniederlassungen in Tschechien und Ungarn WENN ES UM IHRE KUNSTSTOFFTECHNIK GEHT Spritzgießmaschinen Spritzgießmaschinen, Extrusionsanlagen Förder-, Trocknungs-, Dosier- und Mischsysteme Temperaturregelgeräte Schneidmühlen für Kunststoffe Handlinggeräte, Handhabungs- elemente, Einlegeautomaten Kälte-, Klima- und Temperiergeräte Entstaubung von Schüttgütern Blasformmaschinen Förderbänder, Angußseparatoren Allmetall-Separatoren Restfeuchte-Messung Your recycling needs. Our grinding solutions.durch Kooperation Innovation Kunststoff-Cluster Partner der ecoplus Cluster Niederösterreich ecoplus.at kunststoff-cluster.atVERANSTALTUNGEN Foto: PLAST PLAST 2023 Begegnungsmöglichkeiten für Akteure aus der ganzen Welt Die Messe PLAST, ein Schaufenster für die Kunststoff- und Gummiindustrie mit Schwerpunkt auf dem Segment der Kunststoff- und Gummiverarbeitungsmaschinen, -Ausrüstungen und -formen, ist bereit, Aussteller und Besucher aus der ganzen Welt willkommen zu heißen. Die PLAST – internationale Messe für die Kunststoff- und Gummiindustrie findet von Dienstag, 5. bis Freitag, 8. September 2023 auf dem Messegelän- de Fiera Milano in Rho-Pero statt. Mehr als 700 Aussteller haben sich bereits für die Veranstaltung angemeldet und 36.000 Quadratmeter gebucht; Daten, die dank der Fachleute und Unterneh- men aus der ganzen Welt und insbe- sondere aus Europa auf eine immer reicher an Innovationen werdende Messe deuten. Die Ausgabe 2023 der PLAST ist also von Anfang an ein Erfolg, der durch die drei Satellitenausstellungen RUBBER, 3D PLAST und PLAST-MAT, die ebenso vielen Spitzenbereichen des Sektors ge- widmet sind, noch verstärkt wird, was die Dynamik des Marktes beweist. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Segment der Maschinen, Zusatzausrüstungen und Formen für die Kunststoff- und Gummiverarbei- tung, ein Sektor, der mit über 400 Un- ternehmen einen wichtigen Faktor in der italienischen Fertigungsindu- strie darstellt. Auf dem europäischen Markt – der insgesamt fast 60 % des Gesamtvolumens ausmacht – war der Absatz in einigen Schlüsselmärk- ten wie Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner der italienischen Ma- schinenhersteller (+8 %), und Polen (an dritter Stelle mit einem deutlichen Plus von 23 %) gut. Auf den weiteren Plätzen folgen Spanien (+11%), Ös- terreich (+28%), Portugal (+35%), die Schweiz (+4%) und schließlich Serbien (+145%). An der PLAST 2018, deren dreijäh- riger Turnus durch die Pandemie unter- brochen wurde, nahmen mehr als 1.500 Aussteller auf einer Nettofläche von 55.000 Quadratmetern teil, mit mehr als 63.000 Besuchern und einer starken Prä- senz aus dem Ausland, was die Interna- tionalität und Attraktivität der Veranstal- tung bestätigt. Die PLAST hat sich auch als ein breit gefächertes technologisches Schaufenster etabliert, das von den Ma- terialien bis zu den Herstellungsverfah- ren, von den Endprodukten bis zu den Dienstleistungen die fortschrittlichsten Lösungen präsentiert, die von den Her- stellern von Maschinen, Ausrüstungen, Hilfsmitteln und Formen für die Kunst- stoff- und Gummiverarbeitung entwi- ckelt und in den 6 belegten Hallen über 3.500 Einheiten ausgestellt wurden. www.plastonline.orgINHALT Foto: KUZ Foto: Oerlikon HRSflow Aktuelles, kurz notiert 6 Automotive 8 Werkzeugbau 16 Material 23 Spritzgießtechnik 24 Kunststoffschweißen 32 Zerkleinern 34 Kunststoff-Cluster 36 Kunststoff.direct 38 Impressum, Vorschau auf Heft 3/4 2023 43 Foto: Pollmann Werkzeugbau Foto: Hromatka Material Foto: K. Sochor Spritzgießtechnik Foto: Rinco Kunststoffschweißen Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2023 6 AKTUELLES KURZ NOTIERT Bundesinnung der Kunststoffverarbeiter unterstützt Projekthilfen für Wiener Schulen Dank des großen Erfolgs im Schuljahr 2020/21 wurde in diesem Schuljahr der 17. Projektwettbewerb mit dem Thema „Mit Chemie für die Umwelt“ des Ver- bandes der Chemielehrer Österreichs ausgeschrieben. Auf Grund der Initia- tiven auf dem Gebiet „Kunststoff und Umwelt“ der Bundesinnung der ge- werblichen Kunststoffverarbeiter ist dieser Projektwettbewerb von beson- derem Interesse in Sachen Ausbildung und so wurde eine Subvention in der Höhe von 3.000 Euro zugesagt. Der Projektwettbewerb ist wie auch schon in den vergangenen Jahren die größte naturwissenschaftliche Initiative in den österreichischen Schulen. Jede teilnehmende Schule, wird mit Unter- richtsmaterialien zur Förderung des ex- perimentellen Chemieunterrichts im Wert von jeweils 1000 Euro ausgestattet. Eigenständige Lehrer- und vor allem Schülerexperimente sind ein wesent- liches Ziel dieses Projektwettbewerbes. Die Übergabe der Projekthilfen für die Schulen aus Wien erfolgte am 25. Jänner am BRG 4 im Rahmen einer klei- nen Feier. Für die Bundesinnung konn- te Markus Brunnthaler die Projekthilfen persönlich übergeben. Mit dem Thema „Mit Chemie für die Umwelt” soll auf- gezeigt werden, welche Beiträge die Chemie für unsere Zukunft in einer sen- siblen Umwelt leisten kann und welche Innovationen in der Zukunft notwendig sein werden. Im Besonderen soll dabei der Aspekt auf Innovationen gelegt Markus Brunnthaler übergab in Vertretung der Bundesinnung der Kunststoffverarbeiter die gesponserten Projekthilfen persönlich. Foto: Education Group werden, die zur Lösung von heutigen Problemen auf allen Gebieten beitra- gen, die für unsere Umwelt eine Rolle spielen. Das Projektthema bietet die Möglichkeit, sich intensiv und fächerü- bergreifend mit den großen Zukunftsfra- gen der Menschheit auseinander zu set- zen. Themenschwerpunkte, die mit den Projekthilfen erarbeitet werden können, sind unter anderem das Recycling von Kunststoffen, Kohlenstoff-Kreisläufe in der Natur, die ökologische Entsorgung von Kunststoff, Glas, Papier, Metallen und Elektronikabfällen sowie energieef- fiziente Herstellungsverfahren. www.kunststoffverarbeiter.at Verleihung der VÖK Stipendien 2022/23 Die Rezipient*innen mit VÖK-Präsident Dr. Pöcksteiner. Foto: Lorenz Matzinger Im Dezember 2022 wurden einige Schüler*innen der Abteilung Kunst- stoff- und Umwelttechnik des TGM mit Förderstipendien ausgezeichnet. Die Stipendien, in Summe über 10.000€, werden jährlich von der Vereinigung Österreichischer Kunststoffverarbeiter (VÖK) in Kooperation mit der Gesell- schaft zur Förderung der Kunststofftech- nik (GFKT) an besonders engagierte oder sozial bedürftige Schüler*innen vergeben. COVID-bedingt konnte die Verlei- hung nach 2-jähriger Pause erstmalig wieder vor Ort im Palais Eschenbach stattfinden. In geselligem Rahmen über- reichte Dr. Michael Pöcksteiner (Präsi- dent des VÖK) den Rezipient*innen die Urkunden. Anschließend hielt Professor Georg Brasseur von der TU Graz einen spannenden Vortrag über den aktuellen Stand der Energiewende und Elektro- mobilität. Abschließend lud die VÖK alle An- wesenden zum gemeinsamen Abend- essen ein. „Wir gratulieren allen Re- zipienten und bedanken uns herzlich bei allen Mitgliedern der GFKT und des VÖK für die Unterstützung, die sie unseren Schüler*innen jetzt und in der Vergangenheit zukommen ließen“, freut sich Klemens Reitinger, Abteilungsvor- stand TGM Kunststoff- und Umwelttech- nik. www.tgm.ac.at Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2023 7 AKTUELLES KURZ NOTIERT Polymerpreisindex Plastixx Plastixx bezeichnet den im Juni 2005 eingeführten Polymer- preisindex der KI – Kunststoff-Information, den die Öster- reichische Kunststoffzeitschrift mit freundlicher Genehmi- gung der Kunststoff-Information Verlagsgesellschaft mbH, Bad Homburg regelmäßig veröffentlichen darf. Dieser Index zeigt repräsentativ die Preisentwicklung von Kunststoffen in Westeuropa. Während der Plastixx die wichtigsten thermoplastischen Kunststoffe insgesamt umfasst, spiegelt der Plastixx ST die Preis ent wicklung der Standard-Thermoplaste und der Plastixx TT diejenige der Technischen Thermoplaste wider. Die Basis für Plastixx, Plastixx ST und Plastixx TT ist Januar 2002 mit 1000 Punkten. Preisindizes Jänner 2023 Jänner Vormonat Änderung Plastixx 2.741,7 2.833,5 –3,2% Plastixx ST 2.818,1 2.915,6 –3,3% Plastixx TT 1.917,4 1.946,8 –1,5% Methodik Der Plastixx bildet die Preisentwicklun gen von PE-LD/ LLD, PE-HD, PP, PVC, PS, PET sowie ABS, PA, PC, PMMA, POM und PBT nach dem Prinzip des sogenannten Paa- sche-Index ab. In die monatliche Indexberechnung gehen die durchschnittlichen westeuropäischen Marktpreise der Materialien, gewichtet nach westeuropäischen Ver- brauchsmengen ein. Die Gewichtung nach Verbrauchs- mengen wird jährlich aktualisiert. www.kiweb.de Quelle: Kunststoff Information, Bad Homburg Plastixx – Der KI Polymerpreisindex 3800 3600 3400 3200 3000 2800 2600 2400 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000 Juli Okt 2021 April Juli Okt 2022 April Juli Okt 2023 3800 3600 3400 3200 3000 2800 2600 2400 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000 Plastixx TT Plastixx ST Zum Titel Mit ENGEL Digital Solutions zur smart factory ÖCC² startet mit Nachhaltigkeits- manager-Ausbildung Anfang Februar startete die Ausbildung zum/zur Nach- haltigkeitsmanager*in mit Schwerpunkt Kunststoff des Österrei- chischen Carbon Cycle Circle (ÖCC²). Am TFZ in Wiener Neu- stadt fanden die ersten beiden Tage des Lehrgangs statt, durch den in Kooperation mit ECCOStandards & more KG eine Zerti- fizierung gemäß EN ISO 17024 erlangt wird. Caroline Roithner von pwc führte mit ihrer übersichtlichen Darstellung der komplexen Begrifflichkeiten durch den Nach- haltigkeits-Dschungel und regte damit die Teilnehmer der Un- ternehmen ASMA, Gebauer & Griller, Klosterquell, Miraplast, Nemeton und Teufelberger zu einem spannenden Austausch an! www.carboncyclecircle.at Foto: ÖCC² engelglobal.com/inject-4-0 DESIGN ABMUSTERUNG WARTUNG & SERVICE PRODUKTION Mit ENGEL Digital Solutions zur smart factory Die digitalen Produkte und Service- Dienstleistungen von ENGEL unterstüt- zen Sie entlang des gesamten Produkt- lebenszyklus – vom Bauteildesign über die Abmusterung bis hin zur Produktion sowie Wartung & Service. Mit digitalen Lö- sungen von ENGEL nutzen Sie das volle Potenzial Ihrer ENGEL Spritzgießanla- ge und reduzieren den CO 2 -Fußabdruck nachhaltig. Erfahren Sie mehr: Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2023 8 AUTOMOTIVE Seit 2021 beschäftigt sich das Kunststoff-Zentrum in Leipzig gGmbH (KUZ) mit der Ökobilanzierung/Life Cycle Assessment von Kunststoffen und deren Produkten. Auf Basis der Berechnungen werden wirkungsvolle Maßnahmen zur Reduzierung umweltschädlicher Emissionen entwickelt und umgesetzt. Ökobilanzierung entlang des gesamten Produktlebenszyklus CO 2 -Fußabdruck effektiv senken Gegenüberstellung des CO 2 -Fußabdrucks Referenz vs. Eco-Szenario. Abbildungen und Tabelle: KUZ Im Rahmen ihrer Zusagen im Pari- ser Klimaabkommen und der Schaf- fung der European Green Deal Initia- tive hat sich die Europäische Union zu einer deutlichen Senkung der Treib- hausgasemissionen verpflichtet. Im Jahr 2015 betrug der CO 2 -Fußabdruck von Kunststofferzeugnissen 2 GtCO 2 -Äqui- valenten (CO 2 eq). Dies entspricht einer Verdoppelung der Treibhausgasemis- sionen im Vergleich zum Jahr 1995 [1]. Die Einhaltung des 1,5 °C-Ziels erfordert folglich auch eine massive Senkung der Treibhausgasemissionen im Kunststoff- bereich und stellt alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette vor enorme Herausforderungen. Doch wie ist hier am besten vorzugehen? Und welchen Effekt haben welche Maßnahmen? Analysieren – Berechnen – Minimieren Um Maßnahmen zur Reduzierung pro- duktbezogener Treibhausgasemis- sionen entwickeln zu können, müs- sen diese Emissionen zunächst für das Ausgangssystem quantifiziert werden. Hierzu bilden die internationalen Nor- men zur Ökobilanz ISO 14040 und ISO 14044 das Rahmenwerk. Darin ist die Vorgehensweise zur Ermittlung po- tenzieller Umweltwirkungen festge- legt. Ein elementarer Bestandteil ist die Sammlung aller relevanter Stoff- und Energieflüsse des zu betrachtenden Produktsystems entlang des gesam- ten Lebenszyklus. Aus diesen Flüssen werden im weiteren Verlauf die entste- henden Emissionen abgeleitet und die Umweltwirkungen ermittelt. Auf Basis dieser Berechnungen können dann ge- zielte Maßnahmen zur Reduzierung des CO 2 -Fußabdrucks entwickelt und deren Einfluss auf das betrachtete Sys- tem analysiert werden. Auch wenn der CO 2 -Fußabdruck bzw. die Wirkungskategorie Klimawandel im Bereich der konventionellen Kunststoff- herstellung und -verarbeitung aktuell die höchste Relevanz besitzt, sollten an- dere Umweltwirkungen wie zum Bei- spiel die Toxizität für Menschen oder die Eutrophierung von Gewässern im Rah- men der Berechnungen nicht unbeach- tet bleiben. Andernfalls besteht hier das Risiko, dass die Umweltlasten bei der Umsetzung klimarelevanter Maßnah- men in andere Wirkungskategorien ver- schoben werden. Solche Effekte sind bei- spielsweise bei einem Materialwechsel von erdölbasierten Polymeren hin zu biobasierten Polymeren zum Teil nicht zu vernachlässigen. In diesem Fall wird der materialbedingte CO 2 -Fußabdruck stark reduziert – die Umweltlasten im Bereich der Flächennutzung und Eutrophierung steigen hingegen an. Umsetzung Anhand eines Fallbeispiels wurden am KUZ umfangreiche Analysen und Berechnungen zum CO 2 -Fußabdruck durchgeführt. Das Fallbeispiel, das sog. Funktionsträgerbauteil, ist ein Spritz- gießbauteil aus dem Automobilbereich. Dieses Referenzbauteil (Abbildung 1) besteht aus Polyamid 6.6 mit 50 Ge- wichts-% Glasfaserverstärkung (PA6.6- GF50). Zur Erhöhung der Biegesteifig- keit ist das Bauteil mit Sicken und einer Wabenstruktur versehen. Abbildung 1: Referenz-Funktions träger bau- teil (Schnitt). Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2023 9 AUTOMOTIVE Für das Funktionsträgerbauteil wurde eine Machbarkeitsstudie erar- beitet und umgesetzt, deren Maßnah- men eine deutliche Senkung der Treib- hausgasemissionen in allen Phasen entlang des Produktlebenszyklus vom Rohstoff bis zur Entsorgung bewirken (cradle-to-grave-Ansatz). Die Grundla- gen dieses sogenannten Eco-Szenario sind • die Materialauswahl unter Berück- sichtigung der Kreislaufwirtschaft – das modifizierte Funktionsträger- bauteil wird zu einem Anteil von 70 Gewichts-% aus einem Polypropy- len/Polyethylen-Mix (PP/PE) aus dem Hausmüllrecycling (Post Consumer Recycling (PCR)) gefertigt, • die Nutzung regenerativer Energi- en in der Produktion – die elektrische Energie zur Spritzgießfertigung des Funktionsträgerbauteils stammt zu 100 % aus regenerativen Quellen, • und die Erhöhung der Materialeffi- zienz durch Leichtbau – das Funk- tionsträgerbauteil wird in einem OneShot-Spritzgießprozess aus zwei Komponenten (2K) gefertigt, wobei die Kernschicht aus PP/PE-PCR mit- tels des Thermoplast-Schaumspritz- gießens geschäumt wird und für die Hautschicht ein zu 40 Gewichts-% langfaser-verstärktes PP (PP-LGF40) zum Einsatz kommt. Das Eco-Szenario basiert auf den Ent- wicklungen im Rahmen des F&E-Pro- jekts Funktionsträger in Zusammen- arbeit mit der Your Solution GmbH & Co. KG sowie der Unterstützung durch die Koller Kunststofftechnik GmbH. Dabei konnte unter Verwendung der genannten Materialien und mit Hilfe des 2K-Thermoplast-Schaumspritzgie- ßens (2K-TSG) eine deutliche Gewichts- reduzierung erzielt werden. Durch konsequente Umsetzung eines TSG-ge- rechten Bauteildesigns wurde die spezi- fische Biegesteifigkeit im Vergleich zur Referenz sogar leicht verbessert (Abbil- dung 2). Berechnung des CO 2 - Fußabdrucks Die Referenz und das Eco-Szenario wur- den mit der Software Umberto LCA+ modelliert und mit Daten aus der Ecoin- vent-Datenbank und Plastics Europe untersetzt. Anschließend wurde durch Berechnung des Modells ein CO 2 -Fuß- abdruck für jede Phase des Produktle- benszyklus (Tabelle 1) ermittelt. Auf diese Weise kann die Wirksamkeit jeder einzelnen Maßnahme im Eco-Szena- rio differenziert bewertet und somit die Hebel abgeleiteter Optimierungsmaß- nahmen verglichen werden. Auswertung der Ergebnisse Die Maßnahmen im Eco-Szenario haben gezeigt, dass der CO 2 -Fußab- druck (cradle-to-grave) des Funktions- trägerbauteils um ca. 40 % gegenüber der Referenz gesenkt werden kann. Anhand der Berechnungen wird deut- lich, welch großen Einfluss eine gezielte Werkstoffauswahl auf die potenziellen Treibhausgasemissionen hat. Die Ver- wendung von Kunststofftypen mit nied- rigem CO 2 -Fußabdruck kombiniert mit Sekundärrohstoffen (hier PP/PE-PCR) bewirkt eine deutliche Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Die vorlie- genden Untersuchungen verdeutlichen zudem, wie wichtig die Betrachtung ent- lang des gesamten Produktlebenszyk- lus ist. Dies gilt insbesondere für Bau- teile, die während der Nutzungsphase zahlreichen Beschleunigungsvorgän- gen (hier Komponente in PKW) ausge- setzt sind. Für das Funktionsträgerbau- teil erschließt sich durch konsequente Anwendung von Leichtbauweisen ein Abbildung 2: Optimiertes Funktions träger- bau teil mit geschäumter Kernschicht (Schnitt). erhebliches Einsparpotenzial bezüg- lich des CO 2 -Fußabdrucks. So konn- ten mit Hilfe des Thermoplast-Schaum- spritzgießens das Bauteilgewicht und damit auch die bauteilbezogenen Treibhausgas emissionen in der Nut- zungsphase bei vergleichbarer mecha- nischer Performance um 25 % reduziert werden. Fazit Die Ökobilanz ist das Instrument zur Bewertung der Umweltwirkungen von Produkten, Verfahren oder Dienstleis- tungen. Durch die ganzheitliche Be- trachtung der Umweltwirkungen kön- nen Hotspots identifiziert, Parameter entlang des gesamten Produktlebens- zyklus modifiziert und so durch ge- zielt abgeleitete Optimierungsmaß- nahmen der ökologische Fußabdruck effektiv minimiert werden. Die Ökobi- lanz spielt daher eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung der Kunst- stoffindustrie. [1] Cabernard, L.; Pfister, S.; Oberschelp, C. und Hellweg, S.: Growing environ- mental footprint of plastics driven by coal combustion. Nature Sustainabi- lity, Bd. 5, Nr. 2, S. 139–148, Dez. 2021, doi: 10.1038/s41893-021-00807-2. Autor: Dipl.-Ing. Johannes Tietze Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Be- reich Verarbeitungstechnik / Nachhal- tigkeit an der Kunststoff-Zentrum in Leipzig gGmbH E-Mail: tietze@kuz-leipzig.de Tabelle1: CO 2 -Fußabdruck eines Funktionsträgerbauteils über den gesamten Produktlebenszyklus.Next >