< Previous Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2024 10 DREI FRAGEN ● Wir gehen davon aus, dass sich 2024 keine wirtschaftliche Erho- lung einstellt, lassen uns aber gerne eines Besseren belehren. Die beiden großen Messen Chi- naplas und NPE werden hier wichtige Indikatoren sein. Ein großes Thema, mit dem wir uns bei Engel unter anderem beschäftigen werden, ist die weitere Pro- fessionalisierung unseres After Sales. Für die Kunst- stoffindustrie sehen wir die E-Mobilität als einen Faktor, der weiterhin große Veränderungen mit sich bringen wird, besonders was die Auswirkungen auf die europäischen Automobilhersteller betrifft. Span- nend wird auch, wie sich die US Wirtschaft im Wahl- jahr 2024 entwickelt. Egal was kommt, bei Engel sind wir stabil aufgestellt und zu jeder Zeit für einen Auf- schwung gewappnet. ● Wir orientieren uns stets an unseren Kunden und er- schließen jene Märkte, in denen sie aktiv sind. Aus dieser Philosophie ist unser internationales Unter- nehmensnetzwerk erwachsen, von dem unsere Kun- den auf der ganzen Welt profitieren. Derzeit sehen wir den Trend in Richtung Mexiko, USA und natür- lich Asien. Entsprechend werden wir in diesen Re- gionen weiter in unser Engel Netzwerk investie- ren. Damit einher geht der Ausbau unserer Supply Chain, um Risiken – wie sie aktuell im Roten Meer sichtbar sind – zu minimieren. ● Wir sehen, dass Österreich signifikant an Wettbe- werbsfähigkeit verloren hat. Allerdings sind wir bei Engel in der glücklichen Lage, die Möglichkeiten unseres globalen Produktionsnetzwerkes nutzen zu können, vorrangig unser Komponentenwerk in Kaplice und die beiden Werke in China. Zum Thema Nachhaltigkeit und Carbon Footprint der Anlagen wird es spannend zu verfolgen, welche Richtung Europa einschlägt. Es wird sich zeigen, in- wiefern Kunden bereit bzw. in der Lage sind, die In- vestitionen für eine CO 2 -freie Maschine zu tätigen. Stefan Engleder CEO der Engel Gruppe ● Wie sehen Ihre Erwartungen für das heurige Geschäfts jahr aus? ● Beeinflussen derzeitige geopolitische Entwicklungen Ihre strategischen Entscheidungen? ● Welche Maßnahmen benötigt es aus Ihrer Sicht, um den Standort Österreich (und Europa) zu stärken und wettbewerbsfähig zu bleiben? ● Die aktuellen Rahmenbedingungen führen dazu, dass wir im laufenden Geschäftsjahr, das mit März 2024 endet, voraussichtlich einen Umsatzrückgang von 10 Prozent verzeichnen werden. Die bisherige Auftragslage für das Geschäftsjahr 2024/25 deutet auf eine weiterhin angespannte Situ- ation hin. Dennoch sind wir zuversichtlich, den Auftragsrückgang, der sich hauptsächlich aus dem europäischen Markt und hier insbesondere im Post-Consumer-Bereich, ergibt, gut abfedern zu kön- nen. Einerseits profitieren wir von unserem breiten Produktportfolio, andererseits von unserem glo- balen Vertriebsnetz. ● Das starke Wachstum der Erema Gruppe über die letzten Jahre bestätigt, dass wir auf dem richtigen Kurs sind. Mit der Eröffnung des neuen R&D Centers in Ansfelden vollendeten wir im Sommer 2023 das größte Investitionsprogramm un- serer Geschichte. Mehr als 100 Mio. Euro haben wir in den vergangenen fünf Jahren in den Ausbau und die Moderni- sierung unserer internationalen Standorte investiert. Die aktuelle Ausgangslage nutzen wir, um den Fokus auf die Pro- zessoptimierung und die Produktentwicklung zu legen. Unser Ziel ist, den Customer Value weiter zu erhöhen und für die nächste expansive Phase optimal vorbereitet zu sein. ● Kurzfristig ist entscheidend, adäquate Rahmenbedingungen für die exportorientierte Industrie hier in Österreich zu schaffen. Mittel- bis langfristig wird das Thema Personal weiterhin an Bedeutung gewinnen. Ich bin davon überzeugt, dass wir früh in die Bildung unserer Kinder investieren sollten. Auch bei der Erema Gruppe legen wir großen Wert auf die Ausbildung unserer Fachkräfte und bieten beispielweise sieben Lehrberufe an. Manfred Hackl CEO der Erema Group Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2024 11 MOTIVATION Das Bezugsquellenverzeichnis in der Österreichischen Kunststoffzeitschrift Bestellen Sie Ihren Eintrag unter www.kunststoff.direct/eintragung DAS NEUE V E R Z E IC H N I S B E Z U G S Q U E L L E N ● Wir versuchen für den österrei- chischen Markt, den aktuell ge- dämpften wirtschaftlichen Aus- sichten mit noch mehr Flexibilität und individuellen Lösungen für unsere Kunden entgegenzuwir- ken. Dies trifft besonders auf die Bereiche Automa- tion und Turnkey-Anlagen zu. Hier entsprechen wir den Kundenwünschen mit einem umfassenden Pro- jektmanagement von der Idee bis zur Serienproduk- tion. Unsere Erwartungen für das österreichische Geschäftsjahr 2024 fallen generell weiterhin ge- mischt aus. Dabei setzen wir auf das Turnkey- und Automationsgeschäft, das sich weiter dynamisch entwickeln wird. Hinzu kommt, dass wir im zweiten Halbjahr 2024 eine Aufwärtsbewegung im österrei- chischen Spritzgießmarkt erwarten – vorausgesetzt, dass sich die politischen und ökonomischen Umge- bungsbedingungen nicht weiter verschlechtern. ● Es wird weiter anhaltende Unwägbarkeiten geben, die sich unmittelbar auch auf unser Geschäft in Ös- terreich auswirken. Darauf werden wir mit einer noch umfassenderen Betreuungsleistung für alle un- sere Kunden antworten. Dabei spielen Synergien zwischen der Unternehmenszentrale in Loßburg/ Deutschland und uns in Österreich eine große Rolle, denn durch unser weltweites Netzwerk sind wir in der Lage, allen Kunden gleich verlässliche Dienstlei- stungen anzubieten – auch denen, die aus Österrei- ch heraus weiter international expandieren möch- ten. ● Dazu ist ein ganzes Maßnahmenbündel erforderlich – technische Rahmenbedingungen genauso wie der weitere Bürokratieabbau und ein investitions- und innovationsfreundlicheres Klima, um gegenüber anderen Ländern nicht ins Hintertreffen zu geraten. Das alles darf dem Nachhaltigkeitsgedanken aller- dings nicht zuwiderlaufen. Stichworte sind hier Re- cycling und Energieeffizienz, aber auch einfachere Bedienbarkeit komplexer Technik. Hinzukommen muss außerdem eine Ausbildungs- und Fachkräfte- Initiative, um auch zukünftig genügend qualifiziertes Personal zur Verfügung zu haben. Jerome Berger, Geschäftsführer Arburg GesmbH ● Unsere Erwartungen variieren stark je nach Region. In Europa erwarten wir nur eine geringfü- gige bis leichte Verbesserung. Nachdem unser Werk in Mexi- ko 2023 mit der Serienproduk- tion begonnen hat und für 2024 weitere Projektan- läufe anstehen, rechnen wir hier mit einem weiteren Wachstum. Am Standort China ist fraglich, wie schnell die lokale Konsum- und Investitionstätigkeit steigen wird. ● Die Lieferkettenrisiken wurden unseren Kunden und uns bereits in den letzten Jahren durch die Corona- Pandemie oder auch den Vorfall im Suez-Kanal sehr bewusst gemacht. Entsprechende Maßnahmen wur- den umgesetzt. Gegenwärtig liegt unser Fokus darauf, die Situation in Europa stabil zu halten beziehungsweise zu ver- bessern und unsere Anstrengungen auf bereits ak- tive Märkte außerhalb Europas zu konzentrieren. ● Die Lohnkostensteigerungen der letzten beiden Jahre sind für ein in Österreich produzierendes und nahezu 100 Prozent exportorientiertes Unternehmen ein enormer Wettbewerbsnachteil. Hier ist auch die Politik gefordert, schnell Lösungen zu finden, um einen potenziellen Verlust von Arbeitsplätzen zu ver- meiden. Außerdem ist es dringend an der Zeit, dass die Re- gulierungsdynamik in der EU gebremst bzw. pau- siert wird. Stattdessen sollte die EU endlich einen gemeinsamen europäischen Wirtschaftsplan sowie eine durchdachte Energielösung verabschieden. Christian Schreiberhuber CEO Pollmann International Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2024 12 AUTOMOTIVE Arburg bei TB&C Mexiko Für Großes geschaffen! In Mexiko entstehen Millionen von Bauteilen für den nordamerikanischen Automotive-Markt. Auch die deutsche TB&C mit Sitz in Herborn hat seit 2010 eine Produktionsstätte in Puebla, Mexiko, um von dort aus ihre regi- onalen Tier-1-Kunden kostengünstig, und zeitnah zu beliefern. Die erste Turnkey-Anlage rund um einen hybriden Allrounder 1120 H mit Gestica Steuerung Kuka Sechs-Achs-Roboter zum Teilehandling hat dort vor eini- ger Zeit die Arbeit aufgenommen. Auf der automatisierten Fertigungszelle entstehen sogenannte „Waterchannels“ für Schiebe- und Glasdächer. Sie befin- den sich unter dem Windabweiser und dienen sowohl als Wasserablaufele- ment, als auch zur Aufnahme der Seil- züge mit Motorantrieb. Im Visier: 250.000 Teile pro Jahr Das Bauteil aus glasfasergefülltem PP GF 50 geht direkt an einen in unmittel- barer Nachbarschaft ansässigen Tier-1- Lieferanten. In den kommenden Jah- ren ist eine jährliche Produktionsmenge von 250.000 Teilen vorgesehen. Dass zur Herstellung der Water- channels ein Allrounder 1120 H ein- gesetzt werden könnte, war anfangs keineswegs klar. Die Werkzeug- und Spritzgussexperten bei der TB&C Tech- nology ließen sich in gemeinsamen Ge- sprächen mit den Turnkey-Spezialisten bei Arburg jedoch davon überzeugen, hier den größten Allrounder 1120 H mit 6.500 kN Schließkraft und Spritzein- Auf der automatisierten Fertigungszelle von Arburg entstehen sogenannte „Waterchannels“ für Schiebe- und Glasdächer. Fotos: Arburg Timo Arnold, COO von TB&C in Mexico, schätzt die bestehenden Kooperation mit Arburg und die Vorteile der Turn-Key-Anlage für die Produktion von Automotive-Teilen. heit der Größe 3.200 einzusetzen. Dabei spielten nicht zuletzt auch die langjäh- rigen engen Kontakte zwischen beiden Unternehmen, die vielen bereits in die Produktion integrierten Allrounder und die umfassende Betreuung durch den Arburg Vertrieb eine große Rolle. Timo Arnold, COO von TB&C, sagt dazu: „Zu- nächst war für die Serienproduktion der Waterchannels eine leistungsstärkere Maschine mit rund 10.000 kN Schließ- kraft eingeplant. Doch das elektrisch angetriebene Kniehebel-Schließsystem des Allrounders 1120 H arbeitet dyna- misch, präzise und mit so schnellen Trockenlaufzeiten, dass wir uns für die Arburg Turnkey-Lösung mit unserem Einfach-Werkzeug entschlossen haben. Der Hydraulikspeicher zum Einspritzen und der elektrische Dosierantrieb auf der Spritzseite sind weitere Pluspunkte.“ für die Anschaffung der Arburg Anla- ge gesprochen. „Das Gesamtpaket aus Automation, Wirtschaftlichkeit und Ser- Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2024 13 AUTOMOTIVE vice hat einfach gestimmt“, sagt Timo Arnold. Der Ablauf im Einzelnen Die Anlage für die Waterchannels be- steht neben dem Allrounder 1120 H auch aus einem KUKA Sechs-Achs-Ro- boter, drei Zuführeinheiten für Einle- geteile, zwei Einlege- und Entnahme- greifern sowie einem Förderband zur Fertigteileablage. Bei der Herstellung vereinzeln zu- nächst die Zuführeinheiten insgesamt sieben Buchsen, die als Schüttgut über Vibrationsförderer bereitgestellt wer- den. Der Einlege- und Entnahmegrei- fer des Sechs-Achs-Roboters nimmt diese auf. Danach fährt der Roboter vor das Werkzeug und wartet das Ende des Spritzzyklus ab. Nach dem Werk- zeugöffnen wird zunächst das Fertig- teil entnommen, bevor die Einlegeteile im Werkzeug positioniert werden. Wäh- rend des folgenden Spritzvorgangs legt der Roboter das Fertigteil auf dem För- derband ab. Dank Gestica alles im Griff Die Turnkey-Anlage in Mexiko arbei- tet mit der zukunftsweisenden Gestica Steuerung. Diese verfügt über vier As- sistenzpakete „4.set-up“, „4. start.stop“, „4.production“ und „4.monitoring“, zudem ist der Sechs-Achs-Roboter kom- plett integriert. Die Vorteile ließen sich laut Timo Arnold bereits bei der Inbe- triebnahme feststellen: „Die Maschi- nenbediener haben sich sofort zurecht- gefunden und konnten die Anlage auf Anhieb selbstständig bedienen.“ Betreuung und Technik: All in one Die Zusammenarbeit zwischen TB&C und Arburg geht bis ins Jahr 2004 zu- rück. Die Frage nach den Vorteilen der seit 2004 bestehenden Kooperation zwi- schen TB&C und Arburg beantwortet er kurz und bündig mit: „All in one“. Dabei bezieht er diese Aussage sowohl auf die Unterstützung im Allgemeinen als auch auf die robuste, prozessstabile und in- novative Spritzgieß- und Anlagentech- nik: „Wir haben sowohl in Herborn als auch in Puebla besonders die komplette Betreuung vom Projektanfang bis hin zu Auslieferung und Aufbau schätzen ge- lernt. Die Turnkey-Anlage wurde zu- nächst in Deutschland eingefahren und dann nach Mexiko verlagert. Wir fan- den überall kompetente Ansprechpart- ner und haben durch die internationa- le Aufstellung von Arburg profitiert.“ Auch die offene Kommunikation und die schnellen Lösungsansätze diesseits und jenseits des Atlantiks seien extrem hilfreich gewesen. Mit Arburg in die Zukunft Die gemeinsamen Zukunftspotenziale liegen sowohl im Bereich Turnkey-Pro- jekte, als auch beim neu eingeführten Arburg Leitrechnersystem ALS – bezo- gen auf alle drei Standorte. Zur Imple- mentierung der ALS-Produktivitätsmo- dule im Sommer 2021 sagt Timo Arnold: „Die Idee ist, die Berichte mit dem ALS zu automatisieren, um wichtige Lei- stungskennzahlen zunächst intern auf- zubereiten.“ Im zweiten Schritt könne man Daten und Berichte auch Kunden zur Verfügung stellen, z. B. für ein QS- Audit oder falls sie Aufzeichnungen der Key-Performance-Indicators (KPI) sehen möchten. Die Zukunft sieht er vor allem im Auto- motivesektor: „Wir sind Experten in der Hybrid-Technologie und nutzen unser Know-how nun auch verstärkt auf dem E-Mobilitätsmarkt. Unser Produktportfo- lio richtet sich verstärkt an die technolo- gischen Bedarfe der E-Mobilität und in diesem Zuge haben wir uns auch zum Tier 1 entwickelt. Und das wird sich in Zukunft noch verstärken. Wir haben un- sere drei Standorte in den letzten zwei Jahren bereits mit weiteren Produktions- flächen ausgebaut. Und das auch mit Hilfe weiterer Arburg Spritzgießtechnik an allen unseren Standorten.“ www.arburg.com Palettiersysteme Temperier- und Kühltechnik - Ultraschallschweißtechnik Digitaldruck - Tampondruck - Industrierobotik - Cobots Ultraschall Schweißtechnik Tampondruck maschinen Temperiergeräte Kollaborative Roboter Industrieroboter &Transfermodule Franz Josef Mayer GmbH Waldhiergasse 6, A-2486 Pottendorf +43 2623 20600 office@fjmayer.at Kühlgeräte UV - Flachbett Digitaldrucker Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2024 14 AUTOMOTIVE Covestro und technotrans Automobilinnovation dank dynamischer Temperierung Das neuartige 2K-Abblendlichtmodul ist das Ergebnis eines hochintegrativen Fertigungs- verfahrens mit variothermer technotrans-Temperierung. Für die Herstellung eines hochintegrierten LED-Abblendlicht-Moduls inklusive thermoplastischem Kühlkörper setzt der Werkstoffhersteller Covestro auf eine dynamische Temperierlösung aus dem Hause tech- notrans. Richtungsweisendes Funktionskonzept: Auf der K 2022 präsentierte die Covestro Deutschland AG erstmals den Proto- typen eines innovativen LED-Abblend- licht-Moduls, das Kosten, Gewicht und Komplexität erheblich reduziert. Die Herstellung erfolgt mittels eines hoch- integrierten Fertigungsverfahrens, be- stehend aus einem Zwei-Komponen- ten-Spritzguss (2K) und der direkten Integration eines LED-Moduls mittels In- Mold-Electronics (IME). Die Metallisie- rung der Reflektoroberfläche erfolgt an- schließend in einem separaten Schritt. Das neuartige 2K-Abblendlichtmodul ist das Ergebnis einer komplexen Entwick- lungskooperation zwischen Covestro und der Lumileds Germany GmbH aus Aachen. Der vollautomatisierte Ferti- gungsprozess wurde dann gemeinsam mit dem Spritzgießmaschinenherstel- ler Engel und dem Temperiergeräteher- steller technotrans aufgesetzt. Einer der zentralen Parameter darin ist die Tem- perierung: Der Spritzgussprozess er- folgt auf einer Engel-SGM-Anlage mit variothermer Werkzeugtemperierung der technotrans SE. Diese ist essenziell für den Prozess, da sie mittels punktgen- auer Temperaturregelung die Oberflä- chengüte und somit die Funktionalität des Reflektors sicherstellt. Wenn es um das Design von Fahr- zeug-Scheinwerfern geht, stehen Her- steller vor der Herausforderung, unter anderem Markenidentität, Ästhetik, Lei- stung und Sicherheit optimal miteinan- der zu vereinen. Gleichzeitig müssen Hersteller den Aspekt der Kostenopti- mierung stets im Auge behalten, da die Wahl der Materialien, Komponenten und Herstellungsprozesse einen erheb- lichen Einfluss auf die Gesamtkosten hat. Ein Blick auf die in der Automo- bilbranche gängigen Module zeigt, dass das Optimierungspotenzial längst nicht ausgeschöpft ist. Heutzutage kommen häufig Abblendlicht-Scheinwerfer mit Reflektoren aus einem BMC-Duromer (Bulk Moulding Compound) in Verbin- dung mit einem Aluminiumdruckguss- Kühlkörper zum Einsatz. Die Vorteile solcher Systeme liegen vor allem in einer guten und stabilen Lichtleistung, bedingt durch die äußerst geringe Wär- medehnung von Duromeren im aktiven Scheinwerferbetrieb. Der Nachteil ist je- doch eine aufwendige Produktion. So müssen beispielsweise Reflektor und Aluminium-Kühlkörper separat herge- stellt und anschließend mit dem LED- Modul zu einer Einheit montiert werden. Ein weiterer Nachteil ist die bei der Ver- arbeitung von Duromeren in der Regel erforderliche Nacharbeit wie zum Bei- spiel das Entgraten und Reinigen der Teile, bevor sie in den nächsten Arbeits- schritt überführt werden können. „Diese Punkte haben wir aufgegriffen, um mit einem innovativem neuartigem Kon- zept Scheinwerferherstellern eine ko- sten- und gewichtsoptimierte thermo- plastische Lösung anbieten zu können“, sagt Rainer Protte, Head of Advanced Injection Molding bei Covestro. Am Beginn des Entwicklungspro- zesses standen dabei zwei Kernfra- gen: Erstens, ist im Rahmen des Spritz- gussverfahrens ein Hinterspritzen des LED-Moduls möglich, ohne die Funk- tionalität der LED zu beeinträchtigen? Zweitens, kann der Reflektor in einer entsprechenden Oberflächengüte und Präzision an den Kühlkörper ange- spritzt werden, sodass das Gesamtsy- stem am Ende die Anforderungen an ein Abblendlicht erfüllt? Eine weitere Herausforderung bestand darin, eine Lösung zu finden, die selbst unter hoher Wärmebelastung in ihrer Geometrie Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2024 15 AUTOMOTIVE Die Herstellung des Abblendlicht-Moduls erfolgt mittels eines hoch- integrierten Fertigungsverfahrens, bestehend aus einem Zwei- Komponenten-Spritzguss (2K) und der direkten Integration eines LED- Moduls mittels In-Mold-Electronics (IME). Verwendung einer herkömmlichen Temperierlösung entsteht eine matte, unruhige Oberfläche. Links: Die dynamische Temperierlösung von technotrans erzielt die gewünschte glänzende, hochreflektive Oberfläche. stabil bleibt. In einem Vorgängerpro- jekt hatten wir in Form eines 1K-Re- flektors eigens für diesen Zweck unser dimensionsstabiles Makrolon ® DS ent- wickelt und nachgewiesen, dass wir hiermit grundsätzlich ein Abblendlicht realisieren können“, erklärt Protte. „Das neue 2K-Modul ist eine konsequente Weiterentwicklung mit einer weiteren Integrationsstufe – der Anbindung des Kühlkörpers aus unserem wärmeleitfä- higen Makrolon® TC inklusive direkt in- tegrierter LED.“ Dynamisches Thermomanagement für den Spritzguss Konkret besteht diese Weiterentwick- lung aus einem hochintegrativen Fer- tigungsverfahren zur Herstellung des Abblendlicht-Moduls, das nur aus einem Teil besteht und im Wesentlichen nur drei verschiedene Materialen benö- tigt: Covestro-Polycarbonate vom Typ Makrolon ® TC und Makrolon ® DS, LEDs und Aluminium für den erforderlichen Metallisierungsschritt. „Die Verbindung dieser beiden Polycarbonat-Typen ermög- licht die notwendige Formstabilität, da sie im Vergleich zu ungefülltem Polycarbonat über einen niedrigeren Wärme- ausdehnungskoeffizienten und eine geringere Verarbei- tungsschwindung verfügen“, erklärt Protte. Darüber hinaus entfallen durch das neue Verfahren die Herstellung einzel- ner Bauteile und die dafür erforderlichen Werkzeuge sowie Nachbearbeitungs- und Montageschritte. Lediglich zwei Fertigungsschritte sind notwendig: Ein Zwei-Komponenten- Spritzguss mit IME, also der Integration der LEDs während des Spritzgussprozesses, sowie die Metallisierung der Reflek- toroberfläche, um dessen Reflexionseigenschaften zu verbes- sern. Das kann dank des neuen Konzepts ohne zusätzliche Oberflächenvorbereitung nach dem Spritzgießen erfolgen. Damit das möglich ist, bedarf es einer optimal auf den Pro- zess abgestimmten Temperierung. „Mit dem Einsatz einer herkömmlichen Temperierlösung entsteht bei der Verwen- dung hochgefüllter Materialien, wie es hier beim Reflek- tor eingesetzt wurde, eine matte, unruhige Oberfläche, auf- grund des sich auf der Oberfläche abzeichnenden Füllstoffs“, sagt Protte. Hier kommt die dynamische Temperierlösung von technotrans ins Spiel, mit deren Hilfe die gewünschte glän- zende, hochreflektive Oberfläche ermöglicht wird. Der Spritz- gussprozess verläuft dabei in einer variothermen Fahrweise: Zunächst wird die Werkzeugkavität vor dem Einspritzten auf Glasübergangsniveau und höher aufgeheizt und dann das Material eingespritzt. Ist die Kavität vollständig mit dem Ma- terial gefüllt, erfolgt der Abkühlprozess auf die notwendig Entformungstemperatur, um das Formteil aus dem Werkzeug entnehmen zu können – anschließend beginnt der nächste Zyklus. Hierbei ist eine präzise Temperatursteuerung ent- scheidend, um eine konstant hohe Abbildgenauigkeit zu er- reichen. Innovation trifft auf Lösungskompetenz technotrans entwickelte eine auf diesen Prozess und die damit verbundenen Anforderungen zugeschnittene System- lösung mit einer werkzeugnahen Heißwassertemperierung. Durch den Einsatz einer hocheffizienten Energiespeicher- und Regeleinheit (ESR) bis 200 °C Vorlauftemperatur ermög- licht die technotrans-Lösung deutliche Energieeinsparungen gegenüber herkömmlichen Produkten. Die ESR speichert die im Zuge des Kühl- und Heizzyklus wechselnde Wärmemenge und gibt sie beim Umschalten des Temperaturniveaus wieder in den Prozess zurück. Das ist jedoch nicht die einzige Kom- ponente für mehr Energieeffizienz, erklärt Carsten Schmidt, Sales Manager Temperature Control der technotrans solu- Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2024 16 AUTOMOTIVE Durch das neue Verfahren entfallen die Herstellung einzelner Bauteile und die dafür erforderlichen Werkzeuge sowie Nachbearbeitungs- und Montageschritte. Lediglich zwei Fertigungsschritte sind notwendig. Fotos: Covestro tions GmbH: „Durch die ESR und den Einsatz drehzahlgeregelter Pumpen mit Effizienzmodul (PEM) ist es gelun- gen, den energieintensiven variother- men Prozess als Ganzes effizienter zu gestalten. Unser System arbeitet jeder- zeit mit dem geringstmöglichen Ener- gieaufwand.“ Um ein hohes Maß an Bedienkomfort und Flexibilität sicherzu- stellen, stattete technotrans die Tempe- rierlösung außerdem mit einem 7-Zoll- Multitouch-Display und SPS-Steuerung aus, die die Möglichkeit zur Program- mierung von variothermen Prozesskur- ven bietet. Der Thermomanagement-Spezia- list zeichnet sich nicht nur für die dyna- mische Temperierung verantwortlich, sondern auch für die restliche Tempe- rierung des Stammwerkzeuges. Hier arbeiten zwei Geräte der technotrans eco.line-Baureihe – eine der energieef- fizientesten Lösungen am Markt. Diese sind in Kombination mit dem steue- rungsintegrierten Mehrfachverteilsy- stem itd evo im Einsatz und ebenfalls mit drehzahlgeregelten Pumpen aus- gestattet. „Effektives Thermomanage- ment muss immer ganzheitlich gedacht werden, um größtmögliche Prozesssta- bilität, Präzision und Effizienz zu errei- chen“, betont Schmidt. Damit leistet das Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur Herstellung des Abblendlicht-Mo- duls, das nicht nur aus weniger Teilen besteht, sondern auch im Vergleich zu herkömmlichen Einheiten rund 40 Pro- zent leichter ist. Gemeinschaftsprojekt auf Augenhöhe Einer der Erfolgsfaktoren des Projekts war die enge und vertraute Zusammen- arbeit der Unternehmen. „Wir arbeiten bereits seit mehreren Jahren mit tech- notrans zusammen und schätzen insbe- sondere die gemeinsame Entwicklung, bei der das Unternehmen seine techno- logische Lösungskompetenz stets ziel- gerichtet einbringt“, sagt Protte. Die Vor- stellung des 2K-Spritzgussverfahrens auf dem technotrans-Messestand der K 2022 hat nicht nur die gute Zusammen- arbeit untermauert, sondern auch die Rolle von technotrans als starkem Part- ner im Bereich des Thermomanage- ments einmal mehr verdeutlicht, meint Schmidt. „Nach bereits mehreren ge- meinsamen Projekten war dieses inno- vative Konzept ein echtes Highlight. Wir konnten unsere Expertise und langjäh- rige Erfahrung voll ausspielen und dazu beitragen, einen Teil der Automobilferti- gung von morgen mitzugestalten.“ www.technotrans.de www.covestro.com Sie suchen neue Mitarbeiter? Sie suchen eine neue berufliche Herausforderung? Nutzen Sie den aktuellen Stellenmarkt auf unserer Homepage! www.kunststoff-zeitschrift.at/stellenmarkt In Zusammenarbeit mit Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2024 17 AUTOMOTIVE Avalon Vision Effektiver Werkzeugschutz mittels Bilderkennung Der MoldWatcher von Avalon Vision Solutions ist seit Anfang 2024 bei wHagn GmbH exklusiv im deutschsprachigen Raum erhältlich, um den Kunden unvorhergesehene Werkzeugbrüche und damit sehr viel Geld zu sparen. In der heutigen, hart umkämpften Fertigungsumgebung einer Spritzgießfertigung ist der Werkzeugschutz eine oft übersehene Prozessverbesserung. Ein Werkzeugbruch kommt in den meisten Fällen extrem teuer, und durch die notwendige Reparatur des Werkzeuges und damit verbundene Stillstands Zeiten entstehen schnell Probleme, die durch den Einsatz der richtigen Peripherie leicht zu vermeiden gewesen wären. Pixelgenaue Analyse der Bilder aus dem Werkzeug: Der visuelle Werkzeugschutz ist eine sehr wertvolle Ergänzung für jeden Spritzgießprozess. Dabei handelt es sich um ein System, das ein oder meh- rere digitale Bilder des Werkzeuges und der Teile an mehreren Punkten des Zy- klus aufnimmt, um sicherzustellen, dass Teile und Einsätze vorhanden (oder nicht vorhanden) sind. Die dafür nöti- gen Komponenten (Leuchten, Kameras) werden in den gewünschten Bereichen platziert und die Software erkennt in Se- kundenbruchteilen eventuell vorhan- dene Fehler. Wenn ein Fehler auftritt, wird der Spritzzyklus angehalten, bis der Fehlerzustand behoben und der Zy- klus neu gestartet werden kann. Der größte Vorteil von visuellem Werkzeugschutz gegenüber anderen Formen ist die Flexibilität. Neben der Erkennung des Vorhandenseins / Nicht- Fotos und Grafiken: Avalon Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2024 18 AUTOMOTIVE vorhandenseins von Teilen können Bild- verarbeitungssysteme unter anderem auch noch…. – falsch ausgerichtete, fehlende oder doppelte Einlegeteile erkennen – die Form kontinuierlich inspizieren, bis alle Einlegeteile korrekt platziert sind – Werkzeugmerkmale wie Kern-, Schlit- ten- und Stiftpositionen überprüfen – überprüfen, ob Etiketten für In-Mold- Labeling-Anwendungen(IML) vor- handen sind Ideal für Werkzeuge mit feinen Stiften und Kernen: Der optische Werkzeugschutz ist beim Spritzgießen von Anwendungen im Automobilsektor wie z.B. elektrischen Steckverbindern sehr beliebt, bei denen Formen mit hoher Kavitätsanzahl und sehr empfindlichen Kernstiften verwen- det werden, die wiederum leicht be- schädigt werden. Weitere interessante Anwendungen sind aber auch in der Konsumgüter- Verpackungs- und Kos- metikindustrie zu finden. Mit dem MoldWatcher-Werkzeug- schutzsystem von Avalon kann ein neues Werkzeug in 5 bis 10 Minuten ein- gerichtet- und die Einstellungen da- nach gespeichert werden, damit das- selbe Werkzeug beim nächsten Mal noch schneller in die Produktion ge- bracht wird. Dabei können auch Werk- zeuge mit sehr hoher Kavitätsanzahl problemlos und ohne Mehrkosten ge- handhabt werden. Spezielle Anforderungen in der Automobilindustrie: Ein weiterer Vorteil des Avalon Vision- Werkzeugschutzsystems ist die Mög- lichkeit der Rückverfolgbarkeit und des Berichtswesens. Die Software Process- Rx ist eine Datenbank, in der alle In- spektionsdaten einschließlich der Bil- der gespeichert werden, sodass Sie alle Informationen vorheriger Zyklen über- prüfen können, wenn Probleme auftre- ten. Diese Funktion ist auch sehr hilf- reich zu Dokumentationszwecken. ProcessRx enthält auch integrierte Berichte, mit denen Sie sehen können, wie sich Ihre Werkzeuge über einen be- stimmten Zeitraum oder einen Produkti- onslauf entwickeln. Diese Berichte kön- nen Ihnen helfen, Problembereiche im Werkzeug zu identifizieren, und der Be- richt kann zusammen mit dem Werk- zeug gesendet werden, wenn eine War- tung erforderlich ist. Darüber hinaus können die Inspektionsdaten in ein be- stehendes Prozess- oder Anlagenüber- wachungssystem oder in ein anderes Programm zur Berichterstellung und Analyse exportiert werden. Wie die Werkzeug-Überwachung funktioniert: 1. Werkzeug öffnet: Vor der Bildaufnahme durch die Ka- mera: Vergleich der Formteile in der „B“ – Seite (bewegliche) – ob alle vorhan- den –, mit der A – Seite, ob Kavität frei. Überprüfung der Formteilqua- lität und richtige Platzierung. Wenn OK, kann Auswerfer starten. 2. Auswurf in Bereitstellung: Wenn nicht alle Teile vorhanden sind, wird der Prozess gestoppt. Werden schlecht – positionierte oder schlecht – gespritzte Formteile erkannt, wird je nach Programmeinstellung der Pro- zess gestoppt oder der/die schlechten Teile umgeleitet auf Förderband oder vom Roboter entnommen etc. Sind alle Teile OK, wird der Auswurf pro- grammgemäß durchgeführt. 3. Auswurf erfolgt: Nach der Bildaufnahme durch die Kamera Kavität – „B“ Seite -, ob alle Formtei- le vorhanden, wurde überprüft. Auch wurden Schieber, Auswurf-Pins, etc. überprüft. Wenn OK, dann läuft der Prozess weiter und Werkzeug schließt für nächsten Zyklus. Wenn Probleme – w.o. beschrieben – entdeckt werden, stoppt der Spritzgussprozess. Österreichische Kunststoffzeitschrift 1/2 2024 19 AUTOMOTIVE Die Vorteile von MoldWatcher auf einen Blick: Einfache Bedienung Leichte Handhabung und Bediener- führung über Touch Screen Steue- rung mit Schnittstelle zum Kamera- System. Sofort einsatzbereit Nach Installation und Einschulung Überwachung des gesamten Pro- duktionsbetriebs Technischer Support für Handhabung und Problemlösungen Wi-Fi und Internet Anschluss unter- stützen bei Online-Schulung und Lö- sungen für optimalen Betrieb Standard Schnittstellen Euromap 12 oder 67-Interface für Plug & Play Anschluss Speziell entwickelt für Spritzgussmaschinen Für horizontale oder vertikale Spritz- guss-Anwendungen Umgebungsunabhängiges Beleuchtungssytem Patentierte Infrarot-Technologie zur Beleuchtung für Nahaufnahmen und Fehlererkennung mit spezifischer Anwendungs - Software Avalon MoldWatcher weltweit erprobt Bereits an über 4500+ Spritzgussma- schinen weltweit im Einsatz Überwacht Werkzeuge und erspart immense Reparaturkosten Sofortprüfung ob Formteile vorhan- den, nicht einwandfrei oder feh- lend, Kavitäten schlecht gefüllt oder überfüllt; erkennt Beschädigung am Werkzeug z.B fehlende oder gebro- chene Metallstifte, prüft Position des Schiebers u.s.w. www.avalonvisionsolutions.com Beratung und Vorführung des Systems bei wHagn GmbH office@whagn.at www.whagn.at +43 664 24 25 200 Ing. Wilfried Hagn Presence Kernzug in Ordnung Insert in PositionInsert falsch positioniert beschädigter Kernzug Auswerfer nicht zurück Durchsichtiger Teil nicht vorhandenDurchsichtiger Teil vorhanden Auswerfer in Position Teil vorhandenTeil ausgeworfenNext >